Text: Ilja Claus
NormalobjektiveNormalobjektive bilden ein Objekt ohne optische Vergrößerung oder Verkleinerung ab. Sie eignen sich daher vor allem für Detailaufnahmen. Durch ihre 1:1-Abbildung besitzen sie keinerlei optische Verzerrung, sind aber mit einem Betrachtungswinkel von lediglich 40-50° nicht so flexibel einsetzbar wie Weitwinkelobjektive. Die Brennweiten für Normalobjektive liegen beim Kleinbildformat zwischen 43 und 50mm. Dank ihrer einfachen Bauweise gehören sie zu den billigsten und gleichzeitig lichtstärksten Optiken. Zusätzlich bilden sie das Motiv sehr scharf ab.
Weitwinkelobjektive
Weitwinkelobjektive besitzen einen sehr großen Betrachtungswinkel und eignen sich daher gleichermaßen für Landschafts- und Architekturaufnahmen. Leichte Weitwinkel mit einer Brennweite zwischen 28 und 35mm haben einen Betrachtungswinkel von 63°–75°. Zwar ist hier eine schwache Verzerrung in Folge der Linsenwölbung zu erkennen. Diese fällt aber nicht weiter ins Gewicht. Superweitwinkel mit Brennweiten von 14 bis 24mm bilden zwar mit bis zu 114° deutlich mehr ab. Dafür sind aber auch sichtbare Verzerrungen in Folge der Linsenwölbung zu erkennen, die sie für rein dokumentarische Aufgaben meist disqualifizieren.
Gesondert sind die Fisheye-Objektive zu betrachten. Sie ermöglichen zwar einen Betrachtungswinkel von bis zu 180°, stellen aber sämtliche Linien außerhalb der Bildmitte stark verzerrt dar. Ohne eine technische Entzerrung, bzw. weitergehende Bearbeitung sind Aufnahmen eines Fisheyes in der dokumentarischen Fotografie kaum zu gebrauchen.
Teleobjektive
Als Teleobjektive bezeichnet man sämtliche Objektive mit Brennweiten jenseits der Normalbrennweite. Die einzigen beschränkenden Faktoren für die Brennweite sind die physischen Ausmaße des Objektivs und die mit längerer Brennweite, und damit mehr verbauten Linsen, drastisch abnehmende Lichtstärke des Objektivs. Teleobjektive werden in der dokumentarischen Fotografie fast ausschließlich für Detailaufnahmen von weit entfernten Objekten verwendet.
Verstellbare Objektive
Neben den starren Objektiven gibt es auch verstellbare Objektive, welche sich sowohl in der Höhe als auch im Neigungswinkel relativ zur Kamera verstellen lassen, die so genannten „Tilt-Shift-Objektive“.[1]
Diese Objektive ermöglichen es, die Kamera zu neigen und durch eine gleichzeitige Verstellung des Objektivs optische Verzerrungen zu eliminieren.[2] [3] Sie eignen sich daher am besten für Architekturaufnahmen, da man sämtliche Fehler noch vor dem Druck auf den Auslöser beheben kann. Leider sind solche Objektive sehr teuer, was ihren Einsatz gerade für kleinere Arbeiten oft unwirtschaftlich macht. Zwar gibt es bereits seit einigen Jahren von diversen Firmen Tilt-Shift-Adapter, mit denen sich solche Aufnahmen auch mit starren Objektiven erstellen lassen, jedoch kosten auch diese mehrere hundert Euro.
Perspektivfehler und Perspektivfehlerkorrektur
Beim Fotografieren von Gebäuden begegnen dem Fotografen eine Vielzahl von Schwierigkeiten. Neben ausreichenden Lichtverhältnissen, die benötigt werden, kann vor allem räumliche Enge für erhebliche Schwierigkeiten bei der Dokumentation sorgen. Zwar ist durch den Einsatz von Weitwinkelobjektiven die Abbildung eines recht großen Bildbereichs möglich. Jedoch muss man, um den vollen Betrachtungswinkel einer solchen Linse ausnutzen zu können, das Objektiv um einige Grad neigen. Dabei treten so genannte „Stürzende Linien“ im Bild auf. In der Folge werden vertikale Linien nur in der Bildmitte korrekt dargestellt. Links und rechts davon erscheinen die Linien perspektivisch verzerrt. Dadurch ist eine genaue Messung am Bild nur mit erheblichem Aufwand möglich. Zur Vermeidung solcher Fehler stehen dem Fotografen eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung. Die einfachste, aber auch sehr kostenintensive Variante besteht darin, die Aufnahmen mit einem Tilt-Shift-Objektiv zu erstellen. Perspektivfehler lassen sich noch vor der Aufnahme korrigieren. Das funktioniert mit allen Brennweiten, Aufnahmeformaten und mit digitalen wie analogen Kameras.
Während sich analoges Filmmaterial nur mit viel Aufwand perspektivisch in der Dunkelkammer ver-, beziehungsweise entzerren lässt, ist das bei digitalen Bildern problemfrei möglich: Photoshop von Adobe verfügt seit CS5 gleich über mehrere Funktionen, die eine Korrektur ermöglichen: Im einfachsten Fall reicht die Objektivkorrektur, für kompliziertere Fälle kann man auch die perspektivische Transformation verwenden. Im kostenlosen Bereich kann auch das Open-Source- Programm „Gimp“ diese Aufgabe mit Hilfe des Werkzeugs „Perspektivische Transformation“ sehr gut erledigen.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, das aufzunehmende Gebäude gerastert aufzunehmen.
Dabei wird das Motiv auf mehrere Fotos aufgeteilt. Anschließend setzt man die Einzelaufnahmen per Software zusammen. Stürzende Linien werden mit der gleichen Software durch Perspektivkorrektur begradigt. In der Theorie lässt sich das mit jedem beliebigen Objektivtyp umsetzen, wobei größere Brennweiten aber auch mehr Einzelbilder erfordern. Außerdem spielt der vorhandene Platz vor dem aufzunehmenden Gebäude eine eher untergeordnete Rolle: Neigungswinkel der Kamera von 45° und mehr stellen kein Problem dar. Gleichzeitig besitzt das errechnete Gesamtbild eine wesentlich höhere Auflösung, als die entsprechenden Einzelbilder. Im nächsten Kapitel soll unter anderem auf diese Technik der digitalen Perspektivkorrektur eingegangen werden.